Hier wohnen die Luzernerinnen und Luzerner mit den klimaschädlichsten Autos

Eine Datenanalyse zeigt, die Bewohner von Romoos besitzen die «dreckigsten» Autos des Kantons Luzern. Die Gemeinde Oberkirch schliesst in Sachen C02-Ausstoss am besten ab – und das könnten die Gründe sein.

Netto-Null-Treibhausgas-Emissionen bis 2050. So lautet das grosse Ziel, das der Luzerner Kantonsrat verfolgt. Gemäss Bundesamt für Umwelt ist der Verkehr für rund einen Drittel der CO2-Emissionen in der Schweiz verantwortlich – davon sind drei Viertel auf Personenwagen zurückzuführen. Hinsichtlich des gesteckten Ziels muss sich im Kanton Luzern einiges ändern – weil immer mehr Fahrzeuge auf Luzerns Strassen unterwegs sind, erhöhten sich die CO2-Emissionen zuletzt. Die Grafik zeigt die CO2-Emissionen aus dem letzten Jahr, der gesamte CO2-Ausstoss betrugt 700'300 Tonnen: 

 

Unsere Datenanalyse bringt nun hervor, in welcher Luzerner Gemeinde die klimaschädlichsten Autos unterwegs sind. Es fällt auf: Insbesondere die Bevölkerung aus Gemeinden im Wahlkreis Entlebuch besitzt Autos mit hohem CO2-Ausstoss. Auch die südlichen Gemeinden im Wahlkreis Willisau stehen im kantonalen Vergleich schlecht da. Die Daten basieren auf einem Datensatz des Bundesamts für Strassen (Astra) – der Datensatz stammt vom 1. Mai und umfasst rund 4,7 Millionen Fahrzeuge, die in der Schweiz registriert sind – Nutzfahrzeuge sind im Datensatz nicht enthalten:

 

Den Luzerner Höchstwert erreicht die Gemeinde Romoos. Die Romooser stossen mit ihren Autos im Schnitt 179,5 Gramm CO2 pro Kilometer aus. Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass die 656 Bewohnerinnen und Bewohner von Romoos gesamthaft lediglich 329 Autos besitzen. Ein Vergleich mit Luzerns kleinster Gemeinde zeigt allerdings: Honau schafft es mit 414 Einwohnern und 229 Autos auf einen Durchschnittswert von 155,6 Gramm CO2 pro Kilometer.

 

Willi Pfulg, Gemeindepräsident von Romoos, sieht die vielen Hügelzüge im Gebiet Romoos mitverantwortlich für das schlechte Abschneiden seiner Gemeinde. Er sagt:

 

«Topografisch bedingt fahren die meisten Bewohner unserer Gemeinde einen Geländewagen mit Allradantrieb.»

 

Zudem sei die Romooser Bevölkerung grösstenteils in der Landwirtschaft tätig und wohne abgelegen. Der Gemeindepräsident argumentiert:

 

«Viele sind auf ein starkes Auto angewiesen, damit sie einen schweren Anhänger ziehen können.»

 

Dass die anderen Entlebucher Gemeinden ähnlich schlecht abgeschlossen haben, ist gemäss Pfulg vergleichbaren Umständen geschuldet. Die umliegenden Gemeinden stünden leicht besser da, weil die Menschen dort weniger ausserhalb der Bauzone wohnen würden, sagt der Romooser Gemeindepräsident. Es gebe dort weniger abgelegene Landwirtschaftsbetriebe.

 

Oberkircher fahren die umweltfreundlichsten Autos

Ganz anders sieht es in Oberkirch aus: Die Bewohner aus der Gemeinde am Sempachersee fahren die klimafreundlichsten Autos – durchschnittlich 146,5 Gramm CO2 pro Kilometer stossen ihre Wagen aus. Eine erfreuliche Tatsache, wie Oberkirchs Gemeindepräsident, Raphael Kottmann, sagt: 

 

«Es freut mich extrem, dass wir in Sachen nachhaltige Mobilität gut unterwegs sind.»

 

Es fällt auf: In Oberkirch sind überdurchschnittlich viele Autos mit einem Elektromotor betrieben – ein wichtiger Beitrag zur tiefen CO2-Bilanz. Dies sei kein Zufall, meint Kottmann. Schon früh habe die Gemeinde das Thema Elektromobilität aufgegriffen und die Bevölkerung entsprechend sensibilisiert. Seit 2018 gibt es in Oberkirch ein Carsharing-Projekt mit Elektroautos.

 

An verschiedenen «öffentlichen und gut sichtbaren» Standorten stellt die Gemeinde Abstellplätze zur Verfügung, unter anderem vor dem Gemeindehaus. Der Anbieter Share Mobility AG betreibt die Ladestationen und vermietet Elektroautos. «Dieses Projekt zeigt Wirkung und motiviert wohl die eine oder andere Person zum Kauf eines Elektroautos», ist der Gemeindepräsident überzeugt. Die nötige Ladeinfrastruktur sei in der gesamten Region Sursee gegeben. Entscheidend sei auch die Zusammensetzung der Bevölkerung mit einem eher hohen Einkommen. Oberkirch befindet sich auf das Einkommen bezogen, im oberen Viertel der kantonalen Tabelle. Kottmann sagt:

 

«Die Bevölkerungsschichten mit höherem Einkommen legen Wert darauf, Autos auf technisch aktuellem Stand zu kaufen.»

 

Tatsächlich sind gewisse Tendenzen bezüglich Einkommen in der CO2-Statistik zu erkennen. Romoos, die Gemeinde mit dem höchsten CO2-Ausstoss, weist das tiefste steuerbare Einkommen pro Kopf auf, nämlich durchschnittlich 46'577 Franken. Auch alle anderen Entlebucher Gemeinden sind einkommenstechnisch am Ende der Tabelle. Zum Vergleich: Das durchschnittliche Einkommen pro Kopf beträgt in Oberkirch 78'460 Franken. Die Gemeinde Meggen verfügt mit 156'054 Franken das höchste Durchschnittseinkommen im ganzen Kanton. 

 

Das sagt der Mobilitätsexperte

Gemäss Timo Ohnmacht, Mobilitätsexperte an der Hochschule für Wirtschaft Luzern, hängen die Kaufentscheide für die Art der Antriebstechnologie, ob Diesel oder Elektro, und den Fahrzeugtyp, ob Kleinwagen oder Geländewagen, von verschiedenen Faktoren ab. Grosse Wirkung hätten einerseits Kaufkraft, verschiedene Nutzungskontexte aber auch die topografische Lage spiele eine Rolle. Der Mobilitätsexperte kommentiert die Karte vereinfacht:

 

«Die Oberkircher fahren vermehrt Tesla, die Romooser häufiger Suzuki, die Stadtluzerner mögen Kleinwagen. Das schlägt sich auch in den CO2-Werten nieder.»

 

Luzern steht im Vergleich zu anderen Zentralschweizer Kantonen gut da

Gemäss Bundesamt für Energie, dürfen neu zugelassene Autos den Grenzwert von 95 Gramm CO2 pro Kilometer nicht überschreiten – diese Regel gilt seit Anfang 2020. Zuvor war der Grenzwert auf 130 Gramm CO2 pro Kilometer angesetzt. Wenn die Fahrzeugflotte eines Importeurs diese Zielvorgaben nicht einhaltet, sind Strafzahlungen fällig. Bisher schafft es keine Schweizer Gemeinde auch nur in die Nähe dieses Zielwertes von Neufahrzeugen.

 

Im schweizweiten Vergleich steht die Gemeinde Montagny-près-Yverdon (Waadt) mit durchschnittlich 128,8 Gramm CO2 pro Kilometer am besten da. Im kantonalen Vergleich schneidet Luzern mit einem Durchschnittswert von 153,8 Gramm CO2 pro Kilometer von allen Zentralschweizer Kantonen am besten ab. Schwyz hingegen gehört mit durchschnittlich 163,8 Gramm CO2 pro Kilometer gar schweizweit zu den Top 5 der Klimasünder. 

 


Daten und Methodik

Die Auswertung basiert auf einem Datensatz des Bundesamts für Strassen (Astra) vom Mai dieses Jahres. Der Datensatz umfasst rund 4,7 Millionen Fahrzeuge, die in der Schweiz registriert sind – er ist nicht öffentlich und muss beim Astra kostenpflichtig bestellt werden. Um den durchschnittlichen CO2-Ausstoss der Gemeinden auszuwerten, wurde ein Skript des «Tages Anzeigers» verwendet, das die Zeitung für eine schweizweite Analyse erstellte und danach öffentlich zugänglich machte.

 

Zu Beginn der Analyse wurden rund sieben Prozent der Autos aus dem Datensatz entfernt, weil die CO2-Angabe fehlte. Dies betraf insbesondere Jahrzehnte alte Autos. Die CO2-Daten wurden alle auf der Basis des NEFZ-Messverfahrens berechnet. Vor vier Jahren wurde in der Schweiz und der EU eine neue Methode zur Ermittlung des CO2-Ausstosses bei Fahrzeugen eingeführt, die sogenannte WLTP-Methode. Damit die Werte von älteren Autos und Neuwagen untereinander vergleichbar sind, wurden im Astra-Datensatz sämtliche Daten nach der alten Methode berechnet.

 

Mitarbeit: Zoe Gwerder, Mark Walther und Stefan Trachsel.